FRAGE: Sehr geehrter Herr grauer Herr, sie sind von allen Schurken der wahrscheinlichst schrecklichste. Würde sie sagen, das erfüllt sie mit Stolz? GRAUER HERR: Ich, der schrecklichste? Sehen sie ich würde mich überhaupt nicht als solch einen Schurken bezeichnen, das sei zunächst erwähnt. Ich optimiere das Leben unserer Kund:innen. Manche verkalkulieren sich da eben ein bisschen und wenn das dann negative Folgen für sie haben sollte liegt das nicht per se an unserem Institut oder meiner Arbeit im Speziellen. So gesehen empfinde ich keinen Stolz auf Ihre Zuschreibung des Schurken, im Gegenteil. Ich empfinde Stolz auf unsere Leistungen bei der Zeitsparkasse. Dieses Unternehmen wächst seit Jahren kontinuierlich, wir können mit Fug und recht behaupten, dass wir hervorragende Arbeit leisten. F: Nun ja, „hervorragend“ ist Ihre Arbeit allerdings, allein letztes Jahr hat sich Ihr Kundenstamm allein in Europa um 22,3 Millionen Mensch erweitert. Dabei basiert Ihr Konzept auf Zeiteinsparungen Ihrer Kund:innen, welche Sie sich dann in Form von Stundenblumen zu Zigarren drehen und somit Ihre Existenz sichern. Dies würde ich schon ein Schurkenhaftes Verhalten nennen, nachdem die Menschen mit weniger zeit auch Lebensqualität einbüßen. Würden Sie da widersprechen? GH: Sehen Sie, was wir anbieten ist eine Effizienzsteigerung. Damit einhergehende Stresserscheinungen sind wenn überhaupt auf das mangelndes Qualitätsmanagement der Leute zurückzuführen. Wir bieten nur die Möglichkeiten, die Umsetzung liegt dann individuell bei den Anleger:innen. Und auf Lebensqualität muss niemand:e verzichten, richtig angewendet kann unser Konzept die Lebensqualität steigern, das sollte das Ziel sein. Durch eingesparte Zeit, durch die Vermeidung von nonsenseartigen Aktivitäten und unnötigen Freizeitbetätigungen können Sie sich voll und ganz auf das wensentlich im Leben konzentrieren. F: Und was das wesentliche im Leben ist bestimmen sie? GH: Nein, ganz und gar nicht! Die Menschen lassen sich nichts oktroyieren, wie sind lediglich Steigbügelhalter der Gesellschaft, durchführen muss sie den Wandel schon von selber. Würden Sie sich vorschreiben lassen, wie Sie Ihr Leben zu leben haben? Wir erstellen Zeitpläne und machen Vorschläge, das ist alles. Wenn wir Leuten mit unseren Plänen ihre Verfehlungen und Zeitverschwendungen aufzeigen, sind sie es selber, die die notwendigen Konsequenzen daraus ziehen und uns somit unsere Wohlverdienten Anteile zukommen lassen. Am Ende des tages entscheidet die Kund:in, was sie mit ihrer zeit anfängt. F: Das Mädchen Momo erhebt nun schwere Vorwürfe gegen Die Zeitsparkasse und fügt Ihnen damit erheblichen Schaden zu. Lassen Sie sich das einfach so gefallen? Immerhin basiert Ihr Erfolg, wenn ich das richtig verstanden habe auf Ihrer Arbeit im Verborgenen. GH: Solche Vorwürfe lassen uns völlig kalt, Das Mädchen Momo ist ein Kind, dass die tieferen Zusammenhänge unserer Arbeit eben noch nicht ganz verstanden hat und denkt, sie könne sich mit Ihren haltlosen Anschuldigungen eine gewisse Medienwirksamkeit verschaffen. Aber da lassen wir uns nicht als Spielball missbrauchen, das sind wir schließlich auch unseren Mitarbeiter:innen und Kund:innen schuldig. Die erwarten weiterhin seröse Arbeit von uns und keinen Schlammschlacht mit Minderjährigen. F: Aber was sagen sie denn zu den Vorwürfen. Immerhin geht es da um Freiheitsberaubung und Manipulierung, nicht gerade Kleinigkeiten in Sachen Strafrecht. Bei einer Verurteilung drohten Ihnen der Entzug sämtlicher Lizenzen. GH: Wie gesagt, wir beteiligen uns nicht an einer Schlammschlacht. Die Vorwürfe werden von der Staatsanwaltschaft sowie unseren Anwälten überprüft, dann wird mensch sehen, wie weiter zu verfahren ist. Momo lebt alleine in einer Ruine, ganz ohne Eltern oder vormundschaftliche Betreuung, der Statt sollte sich eher überlegen, sich um das Kind zu kümmern anstatt anständige Mitglieder des wirtschaftlichen Apparats zu behelligen und uns unsere Arbeit zu erschweren.
Text: Justus Spannaus
Foto von Andrea Piacquadio von Pexels
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