Aufgabe: Text ohne A
Ich sollte nicht hier sein. Nicht jetzt. Es ist viel zu früh. Zu früh für mich, und zu früh für die Zugbegleiterin. Sie konnte noch nicht die Energie finden, die elektronischen Schildchen umzustellen. Neben der Tür steht, zwei Sitze seien für die Strecke Köln-Duisburg reserviert, diese Strecke ist jedoch nicht die Unsere. Es muss noch von gestern sein, entnehme ich den völlig unsinnigen Orten und Uhrzeiten eines weiteren Elektroschildes im Einstiegsbereich.
Immerhin, die Stimme der Zugbegleiterin, die sich übrigens mit „ Ihre Zugbegleiterin Elke Soundso“ vorstellt, gibt mir Sicherheit: Ich sitze im richtigen Zug, dem ICE 4711, dessen Ziel ziemlich unglücklich heißt, es klingt wie Stoffwechsel und Wurstpelle und Innereien und Klo. Im Internet stehen verzweifelte Theorien einheimischer Historiker*innen, denen zufolge ein ehrwürdiger frühzeitlicher Titel durch den Wechsel ins Neudeutsche zum Proktologischen verhunzt wurde. Wenn hier nur nicht der Wunsch die Mutter der Idee ist....
Ich sehe, wie der Herr, der beim Einsteigen die Sitzgruppe vor mir belegte, seinen Koffer vorbeirollt, offensichtlich eine neue Bleibe suchend. Es sind wohl Reisende erschienen, deren Reservierung wegen der Müdigkeit der Zugbegleiterin nicht zu erkennen gewesen ist.
Ich denke: Wenn sie mich vertreiben wollen, muss ich sie leider eliminieren. Ich höre mich denken und bin erschrocken, mein innerer Text erscheint mir sehr extrem. Bin ich wie die Erzschurken in der BBC-Serie Dr. Who, die in Blechdosen herumrollen, „Eliminieren! Eliminieren!“ rufen und dies bei jeder sich bietenden Gelegenheit umsetzen? Ich denke, ich bin unschuldig, weil ich keine Pistole besitze, kein Messer nichts, womit ich Leute nur teilweise eliminieren könnte. Ich bin vielmehr sehr entschlossen gegen die Zufügung von Verletzungen, ob körperlich oder seelisch. Nur mein Hirn produziert Merkwürdiges, denn: Es ist viel zu früh.
Text: Uta Vonderweide
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